„Was für ein Jahr“, „Wer hätte das Anfang des Jahres gedacht“
So und ähnlich waren viele Kommentare zu 2020 zu hören.
Was anfangs weit weg schien, betraf uns plötzlich alle. Ein Virus legt fast das gesamte öffentliche Leben und damit auch unser bisheriges gewohntes Gemeindeleben lahm.
Nach einem halbwegs normalen Januar und Februar hieß es Mitte März „Lockdown“, alles runterfahren, dicht machen, Schulen schließen, Veranstaltungen schließen, egal welcher Art, öffentliche Versammlungen und Menschenansammlungen vermeiden.
Gottesdienste
Den vorerst letzten Gottesdienst in Präsenz feierten wir als Familiengottesdienst mit Kindersegnung am 15. März 2020. Es war dabei auch der erste Präsenzgottesdienst in dem unser Praktikant, Lasse, gepredigt hat und es sollte für einige Monate bis Juni der letzte Präsenzgottesdienst sein. Sein Praktikum lief unter sehr erschwerten Bedingungen ab, seine Art und seine Begabungen haben wir sehr geschätzt und viel von ihm und seiner Bereitschaft zu dienen profitiert.
Plötzlich war vieles von unserem gewohnten Gemeindeleben nicht mehr möglich. Beim Schreiben begeistert und bewegt es mich wieder neu, was dann passiert ist.
Möglichmachen
Anstatt ratlos dazustehen und sich zurückzuziehen fanden sich sehr schnell viele, die neue Möglichkeiten sahen und sich als Ermöglicher und Möglichmacher aufgemacht haben und ganz neue Wege gesucht haben und gegangen sind. Um einige zu nennen kommt hier eine Aufzählung der neuen Wege, die in einer unglaublichen Geschwindigkeit an den Start gingen:
- Wenige Tage nach dem Lockdown konnten wir ab Mitte März, zuerst täglich, später dann in größeren Abständen bis Juni kurze Morgenimpulse aufnehmen und sie als Hoffnungszeichen allen zur Verfügung stellen. Sie stehen bis heute immer noch zum Abruf auf unserem Youtubekanal der Gemeinde. Darüber hinaus waren sie auch per Telefon abrufbar, was viele nutzten.
- Gottesdienste konnten im Voraus aufgezeichnet und dann in stundenlanger Kleinarbeit bearbeitet werden, so dass wir sie zur gewohnten Zeit sonntags gemeinsam feiern konnten. Ja, es war am Anfang ungewohnt, einen gemeinsamen Gottesdienst zu feiern und ihn dabei doch allein oder ausschließlich in der Familie vor den Bildschirmen zu verfolgen.
- Diese wurden möglich, weil sich ein Mediateam neu gründete, mit Gemeindegliedern, deren Herzensanliegen es ist, die rettende und Hoffnung verbreitende Botschaft von Jesus Christus über die digitalen Kanäle zu uns Gemeindegliedern und in die Welt zu bringen.
- Jedes Gemeindeglied bekam einen Zugang zu der neu installierten Teams – Plattform der Gemeinde. So waren Treffen über Video möglich, sowohl Mitarbeitertreffen, als auch Hauskreise und Kleingruppen.
- Das IT – Team hat mit unzähligen Arbeitsstunden die Voraussetzungen geschaffen, dass dies und noch viel mehr möglich wurden. Sie standen Vielen mit praktischer und beratender Hilfe in der Anfangszeit fast Tag und Nacht zur Seite. Im Übrigen tun sie dies bis heute!
- In der Jugend, im BU, im Kreis junger Erwachsener, in den Hauskreisen und Kleingruppen und in Mitarbeitermeetings treffen sich dank all dieser Vorarbeit viele regelmäßig per Videokonferenz.
- Parallel dazu haben viele Patenschaften für unsere Senioren übernommen, um in der ersten Phase des Lockdowns für sie einzukaufen, sie anzurufen, ihnen die Infomails aus der Gemeinde zukommen zu lassen und so entscheidend dazu beizutragen, dass die nicht abgehängt wurden, die nicht auf digitale Geräte zurückgreifen können. Auch da sind bis heute viele noch unterwegs, treu und verbindlich!
- Mitarbeiter des Kindergottesdienstes haben sich immer wieder neue Wege überlegt, wie sie den Kindern, auch ohne Präsenzveranstaltungen, spannende und interessante Kindergottesdienste bieten können.
- Die Mitarbeiter der Technik und das neu geschaffene Mediateam bereiteten dann im Gemeindehaus die technischen Voraussetzungen für Livestream – Gottesdienste, die für uns heute, ein Jahr später, schon fast Normalität geworden sind. Im Übrigen finden die Gottesdienste durchaus weite Verbreitung. Uns erreichten immer wieder mal Emails oder Briefe von Menschen, teils aus Hamburg, teils aus der weiteren Region, die scheinbar „zufällig“ auf unsere Angebote im Internet gestoßen sind, und sich für die Inhalte bedankten.
- Ab Juni konnten wir dann mit den sogenannten Hybridgottesdiensten starten. Gottesdienste, die wir sowohl in Präsenz als auch gleichzeitig als Livestream über Youtube zum Mitfeiern und Miterleben anbieten konnten.
- Dies wurde möglich, weil einige ebenfalls bis heute regelmäßig dafür sorgen, dass das Abstands-und Hygienekonzept der Gemeinde aufgebaut und immer wieder an die neuen Verordnungen angepasst wurden.
- Viele haben sich aufgemacht und gemeinsam glauben leben auf ganz neue Weise gelebt, haben Neues ausprobiert und auch einiges riskiert. In vielen kleinen und größeren Aktionen haben viele von euch, bei allen eigenen Sorgen und Schwierigkeiten, mit viel Kreativität überlegt, wie sie Einzelnen dienen können und ihnen so in schwierigen Zeiten beistehen und die Zeit erleichtern können.
Taufe
Ein Höhepunkt war der Taufgottesdienst im September, in dem sich drei junge Menschen taufen ließen und so deutlich machten, dass Jesus Herr ihres Lebens ist und sie ihm nachfolgen. Insgesamt sieben neue Mitglieder konnten wir in unsere Gemeinde aufnehmen.
Familiengottesdienste
Mit dem Kindersegnungsgottesdienst im März, dem Schulanfangsgottesdienst im August (mit Segnung der Kinder, die neu in die Schule starteten und die bis heute kaum einen normalen Schulalltag kennen gelernt haben), und dem Erntedankgottesdienst Anfang Oktober konnten wir auch drei Familiengottesdienste feiern. Auch da war manches anders, neu, aber nicht minder spannend und interessant.
Weihnachten 2020
Nachdem es zwischenzeitlich wieder möglich war mit ca. 100 Personen Gottesdienst zu feiern, verschlechterte sich die allgemeine Infektionslage im Dezember, so dass ein Tag vor Weihnachten unser als Freiluftveranstaltung geplanter Heiligabendgottesdienst aufgrund eines Verbots von Präsenzgottesdiensten in Teilen des Oberbergischen Kreises abgesagt werden musste. Dies betraf ebenso unseren Jahresabschlussgottesdienst am 31.12.2020.
Wo wir Mitte des Jahres vielleicht noch dachten und hofften an Weihnachten wieder in einigermaßen normale Gewässern segeln zu können, mussten wir erkennen, dass die Pandemie noch lange nicht vorüber war.
Was bedeutet das?
Und immer wieder wurde die Frage bewegt: Was bedeutet das? Wie können wir als Christen diese Pandemie einschätzen und mit ihr umgehen?
Im letzten Jahr schossen sehr schnell Spekulationen aus allen Richtungen ins Kraut. Von staatlicher Kontrolle und Manipulation war in unserer Gesellschaft die Rede. Auch unter Christen wurden Verschwörungstheorien oder Endzeitszenarien entworfen oder befeuert. Viele sehr unterschiedliche Meinungen und Ansichten zu dem Thema sorgten häufig für eine nicht geringe Verwirrung.
Es ist und bleibt zu betonen, dass zu keiner Zeit Gemeindeleben und Gottesdienste verboten waren. Als die technischen Voraussetzungen gegeben waren, konnte und durften wir sie jederzeit über digitale Medien feiern. Unsere Regierung hatte es nicht auf Christen und Gottesdienste abgesehen. Wir alle waren und sind bis heute aufgerufen, uns vor einem Virus zu schützen, das schweren Schaden anrichtet, teilweise schwere und langwierige Krankheitsverläufe verursacht. Auch einige von uns leiden daran, einige haben in dieser Zeit liebe Angehörige verloren.
Im Laufe des Jahres wurde sehr deutlich, dass die Religionsfreiheit ein hohes Gut in unserem Land ist und Religionsgemeinschaften manche Privilegien genießen, die fast alle anderen Vereine und Verbände nicht genießen. Wir konnten uns wieder versammeln, wenn auch mit Einschränkungen und unter Einhaltung von Abstands-und Hygieneregeln, die ein sicheres Miteinander ermöglichen.
Das ist, bei allen Schwierigkeiten, allen Fehlern und allem Versagen, auch unserer staatlicher Systeme, ein Grund dankbar zu sein für unsere staatliche Ordnung.
Unterschiedliche Sichten und Einschätzungen gab und gibt es auch in der Gemeinde. Und das darf natürlich auch so sein. Bei allem aber gilt: Ein von gegenseitiger Liebe und Rücksichtnahme geprägtes Verhalten hilft uns allen, dient uns allen, ob im gegenseitigen Schutz vor dem Virus oder im gegenseitigen Lasten tragen, die die Pandemie als Folge für viele mit sich bringt. Dies entspricht am ehesten einer christusgemäßen Haltung. Unsere Aufgabe als Christen ist es durchaus wachsam zu sein. Vor allem aber ist es unsere Aufgabe in einer Zeit großer Verunsicherung, Hoffnungszeichen zu setzen und Hoffnung zu verbreiten, füreinander in der Gemeinde und darüber hinaus. Diese Zeit ist eine große Chance, auf den Fels unseres Heils, den Retter der Welt hinzuweisen und das durch Taten der Liebe und durch Worte, die ermutigen und aufbauen.
Im Namen der Gemeindeleitung
Pastor Stefan Hofmann
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